Sitzung mit Überlänge

Michaela Apel, OV-Vorsitzende und Stadtverordnete

Die Sitzung war seltsam. Wir waren erst nach Mitternacht fertig, obwohl eigentlich 23.00 Uhr als Sitzungsende vorgesehen war. Aus Zeitmangel mussten auch viele Tagesordnungspunkte geschoben werden. Bei der Sitzung, in der der Haushalt eingebracht wird, kann man so etwas erwarten. Immerhin ist die Generaldebatte, die nach der Einbringung des Haushaltes üblicher Weise stattfindet, die Gelegenheit für die Opposition, mal in großen Zügen ihre politischen Alternativen zu Gehör zu bringen.

Die Besonderheit in Wiesbaden: Eine solche Generaldebatte hat nicht stattgefunden. Im Ältestenausschuss – einem nicht-öffentlich tagenden Gremium – waren alle Fraktionen übereingekommen, den Haushalt erst bei der zweiten Lesung zu diskutieren. Das ist zwar eine befremdliche Verkürzung der Selbstdarstellungsmöglichkeiten der Opposition. Da es jedoch die Opposition war, welche diese Vorgehensweise angeregt hat, hatte die Regierungskoalition aus SPD und CDU keinen Anlass, sich gegen den Verzicht auf Generaldebatte in 1. Lesung zu wehren.

Seltsam war dann der Auftritt von Hendrik Seipel-Rotter, welcher für die Fraktionsgemeinschaft aus Linken und Piraten (LiPi) vortrug, man wolle sich zwar an die Abmachung aus dem Ältestenausschuss halten und nicht zum Haushalt debattieren, lehne dies aber eigentlich ab. Die Frage, warum LiPi nicht im Ältestenausschuss entsprechend auf die Generaldebatte gepocht habe, wurde von dem zweiten Piraten, Michael Göttenauer, beantwortet mit dem angeblich heftigen Widerstand der Regierungskoalition, dem sich der LiPi-Vertreter im Ältestenausschuss schließlich gebeugt habe. Diese Darstellung grenzt an Geschichtsklitterei, wenn man den Darstellungen anderer Teilnehmer der Sitzung des Ältestenausschusses glaubt. Der Piraten-Darstellung zu glauben, fällt in der Tat schwer. Selbst wenn sich die Koalitionäre wie behauptet vehement gegen die Generaldebatte gewehrt hätten, hätten sie dieses Ur-Recht der Opposition nicht wirksam beschneiden können.

Der Grund für den allseits anerkannten Verzicht auf die Generaldebatte in 1. Lesung direkt nach Einbringung des Haushalts wird wohl darin zu finden sein, dass die Opposition noch kein Gegenkonzept oder tragfähige Gegenvorschläge entwickelt hat. Sonst wäre Gelegenheit gewesen, diese vorzustellen – auch wenn der Ältestenausschuss eine andere Verabredung getroffen hatte. Dazu hat der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Dennis Volk-Borowski, in der Sitzung des Stadtparlaments ausdrücklich aufgefordert. Wenn LiPi trotzdem nichts zum Haushalt gesagt hat, dann nicht, weil man sie im Ältestenausschuss zu einem ungewollten Verzicht auf eine Haushaltsdebatte gezwungen hätte, sondern weil sie inhaltlich nichts zu sagen haben.

Dafür, dass die Opposition zum Haushalt nichts zu sagen hatte, wurde gestern ziemlich viel geredet.